Im Zeitraffer

platzhalterherzAnfang März …

Cosma hatte bis zu diesem Zeitpunkt nur mit den üblichen Alterswehwehchen zu kämpfen. Die Gelenke wurden etwas steifer und auch die Kondition ließ ein wenig nach. In der Gesäugeleiste waren einige kleine Knubbel ertastet worden die wir weiter beobachteten. Eins stand für uns zu diesem Zeitpunkt auf jeden Fall fest. Sollte sie keine Not-OP benötigen würden wir diese Knubbel einfach in Ruhe lassen. Mit fast 13 Lebensjahren würden wir ihr eine solche OP nicht mehr zumuten. Das sehen manche Menschen sicherlich anders aber die Gefahr, dass dann  evtl. Tumore streuen und sie den letzten Lebensabschnitt nur beim Tierarzt und mit Schmerzen verbringt, das hätte sie nicht verdient.

Dann wurde die Maus läufig und es passierten innerhalb kurzer Zeit einige kleine „Unfälle“. Ich beobachtete sie noch genauer als sonst. Sie trank auffällig viel und ich macht einen Termin bei unserer Tierärztin (23.03.). Vielleicht hat sie Diabetes, dachte ich oder…?

Die Erleichterung war groß, als nach einem Rundumcheck mir Frau Sonntag mitteilte Schilddrüse, Leber-, Entzündungswerte, Blutzucker … alles in Ordnung. Das Abtasten der Knubbel hat ergeben… Sie sind nicht gewachsen! Alles soweit gut. Der erhöhte Flüssigkeitsbedarf könne durchaus an der Läufigkeit liegen. Wir sollten einfach alles weiter beobachten.

Nach und nach ging ihr Durst zurück und nach 3 Pipiunfällen passierte kein weiterer. Gut, sagten wir machen wir uns also keine Sorgen. Unsere Cosma hat noch ein paar Jährchen. Wie wir uns doch täuschen sollten und wie gut ist es, dass man es in diesem Moment noch nicht weiß!

platzhalterherz Alles lief gut, keine besonderen Ereignisse in den nächsten 20 Tagen. Im Gegenteil, es schien ihr richtig gut zu gehen. Die Außentemperaturen stiegen und und ihre Beweglichkeit nahm spürbar zu. Wir atmeten auf. Wie trickreich und schnell unser Gehirn doch arbeitet.

 

platzhalterherzUm den 18.04. herum – ein Tag früher oder später – fing Cosma an am Fressen rum zu mäkeln. Sie fraß aber sie ließ immer etwas übrig. Zuerst nur ein bisschen aber an den folgenden Tagen schon über die Hälfte. Wir versuchten ihr die Portionen mit allen möglichen Leckereien schmackhaft zu machen. Joghurt, Hüttenkäse, Thunfisch, püriertes aus dem Babygläschen …. Einige Tage schafften wir es auf diesem Weg, dass sie ihre Portion doch noch auffraß und dann verweigerte sie das Trockenfutter komplett. Wir versuchten wirklich alles, gekochtes Hühnchen mit Kartoffeln und Karotten, Rinderhack  und Leberwurst … sie leckte winzige Krümel davon von meinen Fingern aber fressen konnte man das nicht nennen. Wieder fuhren wir zur Tierärztin (21.04). Kein Fieber, beim Abhören – nix besonderes. Sie bekam Aufbauspritzen und nochmal ein Antibiotikum um eine vielleicht versteckte Infektion zu bekämpfen.

Sie war sehr ruhig. Zu unserer täglichen Seniorenrunde stand sie auf und wackelte mit. Das war etwas, dass uns hoffen ließ. Außerdem trank sie regelmäßig Wasser wenn sie dann mal ein paar Tage nicht frisst, sollten wir das doch irgendwie schaffen. Doch dann wurde es zunehmend schlechter. Um sie zu schonen ließen wir sie in den Garten zum Pipi machen. Dort lief sie umher und manchmal stand sie einfach da und schaute in die Ferne. Sie erbrach das Wasser, welches sie getrunken hatte und verweigerte weiter das Futter. Nur kleinste Mengen Honig oder Leberwurst bekam wir in sie rein.

platzhalterherzDiese letzten Tage waren geprägt von Hoffnung, Trauer, Hoffnungslosigkeit und einem Wissen. Dem Wissen, dass wir eine Entscheidung treffen müssen. Keiner wollte es aussprechen. Beide hofften wir, dass wir morgens die Treppe runter kommen und sie vielleicht einfach im Schlaf gestorben ist…. Ein Wunschtraum…

Am Montag 22.04. fuhren wir nochmals zur Tierärzten. Ultraschall, Röntgen … es war nichts zu erkennen bei dem man hätte sagen können „DA! – DA ist es …!“ Keine Entzündungen, kein Fieber … die Gewissheit in uns wuchs und es traf uns jedesmal mit einer unglaublichen Wucht.

Wir verbrachten viel Zeit miteinander. Stunden lagen wir bei ihr, streichelten sie und dann sprachen wir es aus … Wir müssen sie gehen lassen! Ich kann nicht sagen wieviele Tränen ein menschlicher Körper produzieren kann aber es sind unendlich viele …. Sie lag nur auf ihrer Decke und schaute uns an. Ruhig, gelassen blickte sie uns tief in die Augen. Es schien so als ob sie auf uns warten würde. „Ich bin soweit, ihr solltet jetzt auch langsam soweit sein …. “

platzhalterherzAm Morgen des 23.04.13 wollte Cosma nicht mehr aufstehen. Ich trug sie in den Garten aber auch dort legte sie sich hin. Sie machte kein Geschäft mehr und versuchte nicht aufzustehen also trug ich sie zurück ins Wohnzimmer. Stefan und ich sprachen kurz miteinander und dann nahm ich das Telefon…. Es war das schlimmste Telefonat, was ich je in meinem Leben geführt habe. Ich fühlte mich so furchtbar traurig und doch auch erleichtert. Frau Sonntag würde gegen 13:00 Uhr bei uns sein. Uns blieben also noch ein paar Stunden.

Wir weinten glaube ich ununterbrochen. Immer wenn ich Cosma anschaute hätte ich am liebsten wieder das Telefon genommen und gesagt … NEIN, kommen sie nicht! Aber wir wussten, dass es die einzig richtige Entscheidung ist. Sie sollte auf keinen Fall leiden.

Eine eigenartige Stille breitete sich aus. Wir hatten Cosma ein Lager in unserem Erker bereitet. Dort lag sie in der Sonne und ruhte. Hannes und Delphin lagen in ihrer Nähe aber keiner von beiden suchte den körperlichen Kontakt. Die Zeit verging unendlich langsam und doch raste sie dahin … und dann, fuhr ein Auto vor…

platzhalterherzWir hatten Hannes und Delphin in den Flur gebracht und die Wohnzimmertür geschlossen. Frau Sonntag und ihre Mitarbeiterin kamen über die Terrasse ins Wohnzimmer. So verursachten wir möglichst wenig Stress im Flur und es lief alles geordnet ab.

Frau Sonntag untersuchte Cosma nochmals und wir sprachen alles durch. Sie bestätigte unsere Entscheidung und nahm mir damit eine große Last. Die nun folgenden Minuten waren genau so wie wir es uns für Cosma gewünscht hatten. Ruhig und friedlich. Ich hielt ihren Kopf in meinen Händen und streichelte ihr Gesicht. Wir schauten uns in die Augen und dann schlief sie ein. Ich hielt sie weiter bis zu dem Moment als ihr Herz aufhörte zu schlagen …..

platzhalterherzTot… So lag Cosma nun auf ihrem Lager. So unwirklich …. Frau Sonntag sagte, wir sollten die anderen beiden nun dazu holen. Sie sollten sich auf jeden Fall „verabschieden“. Was nun folgte war wirklich interessant mit anzuschauen. Beide Hunde stürmten ins Wohnzimmer. Fiene verkroch sich sofort unter „ihrem“ Couchtisch um von dort die Situation zu beobachten. Hannes stürmte auf Cosma zu, blieb aber ca. einen halben Meter vor ihr stehen und stutzte. Er war total verunsichert, schnupperte und machte einen „langen Hals“ um sich dann von der Situation abzuwenden. Er spielte den Clown, begrüßte die Tierärzten, alberte rum aber aus dem Augenwinkel beobachtete er Cosma. Es war ihm sichtlich unheimlich, dass sie da so lag.

Wir bedankten uns bei Frau Sonntag und verabschiedeten uns. Dann ließen wir unseren Tränen freien Lauf. Wir saßen noch eine ganze Weile bei unserer Queen Mum aber dann rafften wir uns auf und gingen in den Garten um ihr Grab vorzubereiten.

Es dauerte eine ganze Weile aber als wir wieder ins Wohnzimmer kamen bot sich ein sehr friedliches und auch bekanntes Bild. So wie Hannes und Fiene vor ihrem Tod bei ihr lagen, so wachten sie auch jetzt in ihrer Nähe. Wir spielten ihr ihr Abschiedslied, streichelten sie ein letztes Mal und begruben sie.

3 Gedanken zu „Im Zeitraffer

  1. Pingback: 6 Wochen | Cosma - "Queen Mum"

  2. Ich kann mir nur ansatzweise vorstellen, wie schwer dir dieses Post gefallen ist. Es tut mir einerseits unendlich leid, dass Cosi nicht mehr hier ist und andererseits bin ich froh, dass sie einen so friedlichen Abschied hatte.

    Fühl dich umarmt!

    Danke für diesen Blog ♥

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